Guter Zeitpunkt für Immobilienverkauf
Zinsanstieg – und jetzt?
Zinsanstieg – und jetzt? Hat sich der Immobilienkauf erledigt?
Die Zinsen steigen wieder. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins leicht erhöht, um der Inflation Einhalt zu gebieten. In Deutschland sollen Ende des Monats die Zinsen steigen. Während sich die einen freuen, dass sie für ihr Vermögen auf dem Tagesgeldkonto schon bald wieder Zinsen bekommen könnten, bangen Bauwillige und Immobilieninhaber, denn die Bauzinsen steigen. Teilweise müssen Immobilienkäufer oder Bauherren schon jetzt bis 3 Prozent Bauzinsen bezahlen. “Wohin geht die Zinsreise?” fragt auch der Immobilienmakler Peter Dondorf.
Die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt
Die Wohnungsnot ist in Deutschland in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Die Nachfragesitution war deutlich angespannt auf dem Immobilienmarkt. Es gab mehr Menschen, die eine Immobilie kaufen wollten als jene, die ihr Eigenheim verkaufen wollten. Das ließ die Preise in exorbitante Höhen steigen. Durch die niedrigen Bauzinsen stieg in den vergangenen 10 Jahren auch stets die Nachfrage nach unbebauten Grundstücken. Die Preise stiegen immer weiter, die Immobilienmärkte wurden immer leerer. Wer eine Immobilie zu verkaufen hatte, konnte satte Gewinne machen, die oft den Wert deutlich überstiegen. Durch die Corona-Pandemie, damit einhergehende Lieferschwierigkeiten und den Ausbruch des Krieges in der Ukraine wurde die Situation Anfang 2022 weiter verschärft. Die Preise für Baustoffe verdreifachten sich zum Teil. Das Ende ist bislang nicht erreicht, Mitte 2022 sind Rohstoffe immer noch schwer zu bekommen. Auf dem Immobilienmarkt zeigt sich, dass das Interesse an Immobilienkäufen gesunken ist. Grund dafür sind die steigenden Zinsen, denn platzt die Blase, erwarten auf Kreditnehmer hohe Kosten.
Wohin geht die Zinsreise?
Auf dem Immobilienmarkt tauchen wieder mehr Inserate für Eigentumswohnungen und Häuser auf. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor. Viele Menschen entscheiden sich dafür, lieber in Miete zu wohnen. Ein Immobilienkauf können sich viele nicht mehr leisten, weil die Zinsbelastung für die Tilgung zu hoch wäre. Sinkt die Nachfrage weiter, könnte das für Interessenten eine positive Wirkung haben: Die Preise sinken. Das heißt am Ende auch, die Angebotssituation verbessert sich und Käufer erhalten mehr für ihr Geld. Oder sie müssen weniger Kredit aufnehmen, um eine Immobilie zu kaufen. Das würde die Zinsbelastung senken. Insgesamt ist die Nachfragesitution aber immer noch auf dem Niveau von 2019. Schon vor der Corona-Krise wollten mehr Menschen eine Immobilie kaufen, als eine Immobilie verkaufen.
Platzt die Blase?
Immobilienmakler sprechen seit Jahren von einer Immobilienblase, in der die Preise viel zu hoch sind. Zu sehen ist das unter anderem daran, dass selbst renovierungsbedürftige ältere Häuser schnell verkauft werden. Angesichts der steigenden Zinsen erwartet die Immobilienbranche aber keinen kompletten Preisverfall. Möglich sind verschiedene Szenarien. Eines davon ist, dass die Preise nicht mehr so extrem steigen werden, wie in den vergangenen Jahren. Die Deutsche Bundesbank hat in einer Untersuchung festgestellt, dass die extremen Niedrigzinsen die Preise für Immobilien künstlich erhöht hat. Durch die niedrigen Zinsen konnten sich plötzlich viele Menschen den Traum vom Eigenheim verwirklichen.
Darauf gründet auch ein weiteres Szenario, nämlich dass Immobilien für viele Bürger nicht mehr so erschwinglich sind und sie lieber zur Miete wohnen bleiben. Als Anlage werden zeitgleich wieder Fondspapiere oder schlicht und einfach Tagesgeld attraktiver. Statt in Betongold investieren Menschen wieder in andere Werte. Das könnte die Preise für Immobilien eher bremsen. Aber auch das bleibt vage, denn aus Angst vor der Inflation, also der Geldentwertung, könnte auch der gegenteilige Effekt eintreten: Immobilien sind immer noch ein Wert und die Zinsen sind zumindest aktuell noch niedriger als die Inflation. Auf der anderen Seite besteht in Deutschland ein großer Mangel an Wohnungen, insbesondere in Ballungsräumen und ihrem Speckgürtel.
Wie reagiert die Bank auf steigende Zinsen?
Der Bauzins hat sich seit Beginn des Jahres bereits vervierfacht. 3 Prozent sind aber immer noch wenig, wenn man sich an die hohen Bauzinsen in den 1980er und 90er Jahren zurückerinnert. Aber wie reagieren die Banken? Aktuell prüfen Banken Kreditanfragen gründlicher und verschärfen ihre Kriterien, denn nicht nur die Kosten für das Bauen steigen, sondern auch die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Schon kleine Prozentpunkte machen sich beim Zins in der monatlichen Belastung deutlich bemerkbar. Weil die EZB (Europäische Zentralbank) im Juli ihren Leitzins nach einer Dekade um 0,25 Prozent anhebt, steigen auch die Zinsen bei den Banken, denn diese beschaffen sich die Banken bei der EZB. Zugleich hat die EZB angekündigt, im September den Leitzins erneut anzuheben. Das Problem ist, dass Bauzinsen meist für 10 bis 15 Jahren festgeschrieben werden. In diesem Zeitraum ist ein Eigenheim aber nicht abbezahlt. Die Anschlussfinanzierung könnte dann deutlich teurer werden. Dies trifft auch auf Bauherren zu, die vor 10 Jahren ihr Haus gebaut haben und jetzt eine Anschlussfinanzierung benötigen. Banken rechnen also genau aus, ob sich Menschen ihr Leben und ihren Kredit überhaupt noch leisten können. Können sie den Immobilienkredit nicht mehr bedienen, droht im schlimmsten Fall die Zwangsversteigerung. Ganz unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht, denn die Energiekosten explodieren gerade und auch die Kosten für Lebensmittel steigen. Das monatliche Budget wird also deutlich belastet, bei einigen auch überlastet. Die Banken prüfen deshalb aktuell sehr genau, wem sie einen Immobilienkredit geben. Dabei wird auch schon die Anschlussfinanzierung ausgerechnet.
Ist die Zeit von Null- und Negativzinsen vorbei?
Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass die Zeit für Nullzinsen und Negativzinsen vorbei sind. Wer Geld hat, wird sich darüber freuen. Für Einlagen bei der Bank sind dann keine Negativzinsen auf das Vermögen mehr zu zahlen. Im Gegenteil: Für Guthaben werden wieder Zinsen bezahlt. Das Zinsplus wird den Bau von Häusern in Summe weiter verteuern. Und die Immobilienpreise werden zumindest in Ballungsgebieten steigen, weil Wohnraum immer noch Mangel ist.
Was können Immobilienkäufer tun, die eine Anschlussfinanzierung benötigen?
Wer vor 10 bis 15 Jahren gebaut hat, hat viele Jahre niedrige Bauzinsen bezahlt, die in der Regel zwischen 0,2 und 0,6 lagen. Wer absehen kann, dass er eine Anschlussfinanzierung benötigt, ist gut beraten, sich frühzeitig darum zu kümmern. In einer solchen Finanzierung lassen sich die Zinsen festschreiben. Platzt die Blase, hat man nichts zu befürchten. Nachteil ist, dass die Bank die Zinsen für eine Anschlussfinanzierung schon deutlich höher ansetzen könnte, als die Bauzinsen aktuell sind.
Was sollen Menschen tun, die eine Immobilie verkaufen oder kaufen wollen?
Auf dem Immobilienmarkt sind aktuell sogenannte Vorzieheffekte zu beobachten. Das heißt, Immobilieninteressenten wollen noch schnell ein Haus oder eine Wohnung kaufen, weil sie befürchten, die Zinsen steigen weiter. Im Laufe des Jahres wird erwartet, dass immer mehr Käufergruppen zurückziehen, weil die Baupreise und Zinsen weiter steigen. Wer eine Immobilie verkaufen möchte, muss jetzt nichts übereilen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Immobilienpreise dieses Jahr rapide fallen. Allerdings könnte sich der Kreis an zahlungsfähigen Kaufinteressenten etwas verkleinern. Grundsätzlich bleiben Immobilien aber eine gefragte Investition. Der Preis von Immobilien, die über alternative Energien beheizt werden, könnte sogar noch weiter steigen, weil die Kosten für Öl- und Gasheizungen enorm gestiegen sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch weiter steigen werden.